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„Ich bin ein Besessener”

Die Mobilität ist im Wandel. Das trifft auch den Autovermieter Sixt. Unterschiedliche Angebote will er künftig bündeln. Über die strategische Ausrichtung sprach die Unternehmeredition mit Vorstand Alexander Sixt in Pullach, der Zentrale von Sixt.

Ihr Vater Erich Sixt ist Vorstandsvorsitzender, Ihr Bruder Konstantin verantwortet im Vorstand die Ressorts Vertrieb und E-Commerce. Sie sind dort für die Strategie und Organisation verantwortlich. Wie trennen Sie Familie und Arbeit?

Jeder ist natürlich für sein Ressort verantwortlich. Dennoch sind wir im ständigen Austausch: Mein Bruder und ich haben die Büros direkt nebeneinander. Die Tür ist meist offen. Bis auf ein paar private Themen gibt es keine anderen neben der Firma. In meinem Leben macht mir das einfach am meisten Spaß. Ich bin ein Besessener.

Wie groß ist der Einfluss Ihres Vaters?

Es wäre vermessen, wenn ich meinen Vater nicht um Rat fragen würde. Er lässt uns aber komplett autark in unseren Segmenten arbeiten. Wir tragen die Verantwortung für unser Handeln. Ich könnte allerdings auch nicht in einem Umfeld arbeiten, in dem ich ständig gesagt bekomme, was ich zu tun und zu lassen habe. Bringe ich die Leistung nicht, habe ich natürlich ein Problem. Als Ratgeber ist mein Vater ein großes Geschenk, und als Vorstandsvorsitzender hat er natürlich das letzte Wort.


“Wir haben eine Art Sixt-DNA. Unsere Maxime heißt: Stelle alles infrage und das jeden Tag.“

Alexander Sixt, Sohn von Erich Sixt und Vorstandsmitglied


Bei Sixt gab es in den vergangenen Jahren viele strategische Veränderungen. Wie schwierig war es, die Mitarbeiter mitzunehmen?

Insgesamt sind wir ein sehr dynamisches und innovationsfreudiges Unternehmen. Wir haben eine Art Sixt-DNA. Unsere Maxime heißt: „Stelle alles infrage und das jeden Tag.“ Jeder ist stark für sein eigenes Produkt verantwortlich. Dinge werden bei uns ausprobiert und nicht zu Tode analysiert. Nur wenn man etwas versucht, kann man tatsächlich sagen, ob es funktioniert. Dafür braucht man auch einen Typ Mitarbeiter, der unternehmerisch denkt und handelt.

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Die Mobilität ist im Wandel. Das trifft auch den Autovermieter Sixt. Unterschiedliche Angebote will er künftig bündeln. Über die strategische Ausrichtung sprach die Unternehmeredition mit Vorstand Alexander Sixt in Pullach, der Zentrale von Sixt.

Ihre Produktgruppen ähneln sich sehr – alle haben mit Autovermietung, Carsharing oder Leasing zu tun. Haben Sie keine Angst vor einer Kannibalisierung?

Überhaupt nicht. Der durchschnittliche DriveNow-Fahrer ist 30 Jahre alt, der der Sixt Autovermietung ist über 40. Deswegen handelt es sich eher um komplementäre Gruppen. Der nächste Schritt ist, diese beiden Gruppen miteinander zu verzahnen.

Wie wollen Sie das erreichen?

Vielen Kunden ist es egal, ob sie sich ein Auto kaufen, leasen oder mieten. Hauptsache es hat vier Räder und der Preis stimmt. Für uns stellt sich die Frage, wie wir Produktangebote bündeln und kombinieren, ohne sie zu kompliziert zu machen. Wir arbeiten momentan daran, die verschiedenen Geschäftsfelder in einem homogenen Pool zusammenzubringen. Für uns ist es wichtig, dem Kunden das beste Angebot zu machen.


“Jedes gefahrene Carsharing-Auto bis zu 12.500 gefahrenen Kilometern im Jahr ist günstiger als ein gekaufter Mittelklassewagen – und 70 Prozent der Deutschen fahren weniger als 12.500 Kilometer.”

Alexander Sixt, Sohn von Erich Sixt und Vorstandsmitglied


Das heißt konkret?

Wir haben derzeit ein Pilotprojekt, bei dem wir einigen Firmenkunden Mobilitätsbudgets anbieten. Dabei können sie verschiedene Subprodukte an ihre Mitarbeiter weitergeben. Sie wählen dann aus, welche Angebote sie nutzen wollen. Nur selten ist ein Dienstwagen die günstigste Lösung. Jedes gefahrene Carsharing-Auto bis zu 12.500 gefahrenen Kilometern im Jahr ist günstiger als ein gekaufter Mittelklassewagen – und 70 Prozent der Deutschen fahren weniger als 12.500 Kilometer.

Der Stellenwert des Autos sinkt. Wie wichtig ist die Marke für Sie?

Die Qualität eines Autos hat in Deutschland immer noch einen enormen Stellenwert. Das merken wir sehr stark. Mehr als 60 Prozent unserer Flotte sind Premiumfahrzeuge. Diese Strategie hat sich bislang ausgezahlt.

Das muss aber nicht so bleiben…

… das könnte sich künftig sogar noch verstärken.

Ihr Vater hatte sich zunächst vehement gegen die Einführung eines Carsharing-Modells gewehrt. Wie haben Sie ihn von DriveNow überzeugt?

Überzeugen brauchte ich ihn nicht. Er fragte mich, ob ich dafür die Verantwortung übernehmen möchte. Ich sagte ja und er: „Dann machen wir das.“ Wäre es schiefgelaufen, würde ich wohl nicht hier sitzen.

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Alle 400 Meter steht in München im Schnitt ein DriveNow-Fahrzeug. Wie wird sich die Größe der Flotte künftig entwickeln?

Derzeit gibt es europaweit rund 4.500 DriveNow-Fahrzeuge, aber wir wachsen in allen Städten weiter. Wir werden nach Mailand expandieren und im kommenden Jahr zusätzlich in mindestens einer anderen europäischen Metropole starten. Zudem werden wir das Angebot in London deutlich vergrößern.

Wie viele DriveNow-Kunden haben Sie derzeit?

Insgesamt sind es mehr als 700.000. Alleine in Deutschland haben wir mittlerweile mehr als 550.000 Kunden. Als wir mit DriveNow im Jahr 2011 starteten, hatte der gesamte Carsharing-Markt in Deutschland gerade einmal 130.000 Mitglieder. Jetzt sind wir bei 1,2 Mio. DriveNow hat also die gesamte Branche entwickelt.

Drive Now: In Deutschland nutzen mehr als 550.000 Kunden das Carsharing-Angebot. (© DriveNow)

Wie wird sich die Kundenanzahl mittelfristig entwickeln?

Das kommt auch darauf an, wie schnell wir in weitere Städte kommen. Das ist keine Frage des Wollens, sondern eine Frage der Politik. Sie muss uns Parkmöglichkeiten bieten, damit wir unser Modell weiter ausrollen können.

Rentiert sich das Geschäft?

In Deutschland schreiben wir in jeder Stadt schwarze Zahlen. Derzeit sind wir in München, Düsseldorf, Köln, Berlin und Hamburg am Start. Auf absehbare Zeit wird in Deutschland jedoch keine weitere Stadt dazukommen.

Der Zeitwert ist bei der Berechnung des Fahrtpreises die entscheidende Größe. Zu den Stoßzeiten steht man in den Städten ständig im Stau. Das ist nicht sehr kundenfreundlich.

Wir müssen uns so ausrichten, dass wir mit unserem Modell Geld verdienen. Wir sind keine Non-Profit-Organisation. Nur so können wir weiter expandieren. Der Erfolg von DriveNow gibt uns recht, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis fair ist.

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Die Mobilität ist im Wandel. Das trifft auch den Autovermieter Sixt. Unterschiedliche Angebote will er künftig bündeln. Über die strategische Ausrichtung sprach die Unternehmeredition mit Vorstand Alexander Sixt in Pullach, der Zentrale von Sixt.

Das klassische Mietgeschäft macht immer noch rund drei Viertel des Konzernumsatzes aus. Ist da noch Luft nach oben?

In Deutschland sind wir schon auf einem ziemlich hohen Niveau. Unser Marktanteil liegt hier bei deutlich mehr als 30 Prozent. Dramatische Sprünge sind somit nicht mehr zu erwarten. Allerdings wachsen wir im europäischen Ausland seit Jahren stark, in den großen Ländern im zweistelligen Prozentbereich. Aktuell am dynamischsten läuft es allerdings in den USA. In den Markt sind wir erst 2011 eingetreten. Unsere Flotte dort umfasst bereits rund 20.000 Autos.

Sixt-Zentrale: In Pullach bei München hat das Unternehmen seinen Hauptsitz. (© Sixt SE)

Wie viel Umsatz erwirtschaften Sie mit Ihrem Mietgeschäft in Übersee?

Genaue Zahlen nennen wir nicht, aber der Umsatz liegt sehr deutlich im dreistelligen Millionenbereich. In Deutschland lagen die Vermieterlöse 2015 bei rund 700 Mio. Euro. Geht die Expansion in diesem Tempo weiter, kann ich mir vorstellen, dass die USA mittelfristig Deutschland als größten Sixt-Markt ablösen werden.

Was erwarten Sie für das Gesamtjahr?

Wir liegen im Plan. Wir wollen den operativen Konzernumsatz leicht steigern und gehen beim Gewinn vor Steuern von einer stabilen bis leicht steigenden Entwicklung aus – trotz hoher Expansionskosten.

Mit Sixt Delivery haben Sie auch einen Autobring- und Abholservice im Angebot. Momentan ist autonomes Fahren in aller Munde. Wann holt uns das Auto ohne Fahrer ab?

Ich habe mich erst vor Kurzem ohne Fahrer zum Supermarkt fahren lassen. Das hat sehr gut funktioniert. Eingegriffen habe ich gar nicht. Rein technisch werden wir bereits in fünf bis sechs Jahren so weit sein. Die größten Hürden für das vollautonome Fahren liegen beim Gesetzgeber und ethischen Grenzen. Etwa, was das Auto tun soll, wenn es ausweichen muss und auf eine Gruppe Menschen zufährt. Wiegt das Einzelschicksal höher oder das Leben von Kindern? Dazu kommt die Frage der Haftung: Derzeit steht der Fahrer für einen Unfall in der Pflicht. Baut das Auto den Unfall, haftet dann der Hersteller? Es sind also noch viele Fragen offen.


Alexander Sixt in der Firmenlounge. Der Sessel ist natürlich in Orange. (© Sixt SE)

Zur Person:

Alexander Sixt ist seit Februar 2015 Vorstand der Sixt SE. Dort verantwortet er die Ressorts Strategie und Organisation. Davor leitete er die Unternehmensentwicklung in der Gesellschaft. Verantwortlich war er auch für die Einführung des Carsharing-Modells DriveNow. Vor seiner Zeit beim Autovermieter arbeitete er als Senior Consultant bei Roland Berger. Wie sein Vater Erich besitzt er kein eigenes Auto, er nimmt, was die Sixt-Flotte anzubieten hat.

www.sixt.de

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