Website-Icon Unternehmeredition.de

„Wir waren als Spinner verschrien“

Jeder kennt den berühmten Slogan aus der TV-Werbung: „Dafür stehe ich mit meinem Namen“. Bei der Firma Hipp haben Nachhaltigkeit und Bio eine lange Tradition. Was das im heutigen Markt bedeutet, erklärt Nachfolger Stefan Hipp im Interview.

Unternehmeredition: Sie sind seit vier Jahren in der Gruppen-Geschäftsführung von Hipp. Mittlerweile sind Sie neben Ihrem Vater in dem berühmten Werbespot zu sehen. Wie soll die Nachfolge ablaufen?

Hipp: Bei uns haben mehrere Gesellschafter leitende Funktionen, wie bei vielen anderen Familienunternehmen ist das ein fließender Übergang. Es war schon immer mein Wunsch, ins Unternehmen einzutreten und meinem Vater nachzufolgen. Als Kind gab es nichts Größeres für mich als einen Telefonhörer abzuheben und seine Telefonate mitanzuhören.

Babynahrung von Hipp: In Deutschland führt sie den Markt an. (© Hipp GmbH & Co. Vertrieb KG)

Also sollen irgendwann Sie das Gesicht der Marke Hipp sein, so wie es Ihr Vater so lange war?

Momentan sind wir es beide, aber das soll sich mal ändern, ja (lacht).

Ihr Unternehmen wurde 1899 als Hersteller von Kinderzwiebackmehl gegründet. Damals gab es noch keinen großen Markt für Babynahrung, oder?

Nein. Mein Urgroßvater kam aus einer Konditorenfamilie mit zehn Kindern. Acht seiner Geschwister sind damals gestorben, weil seine Mutter nicht genügend Milch hatte. Mit seinen eigenen Kindern sollte das nicht passieren. Das Kinderzwiebackmehl hat er dann erst regional vertrieben. Nachdem mein Großvater die Konditorei übernommen hatte, hat er sie sehr schnell an seinen jüngeren Bruder übergeben und sich nur auf das Kinderzwiebackmehl fokussiert. Er war ein absoluter Unternehmer und hat daran geglaubt.

Ihr Großvater war auch derjenige, der bereits Mitte der Fünfzigerjahre auf Bioanbau umgestellt hat. Haben das die Leute damals verstanden?

Nein, wir waren als Spinner verschrien. Neben Wettbewerbern wie Nestlé und Milupa waren wir die Kleinsten. Uns wurde der Untergang prophezeit. Aber mein Großvater wusste, dass der biologische Landbau die einzige Möglichkeit war, hochqualitative und wertvolle Lebensmittel für Säuglinge herzustellen. Das geht eben nur, wenn man sauberste Rohstoffe hat.Jeder kennt den berühmten Slogan aus der TV-Werbung: „Dafür stehe ich mit meinem Namen“. Bei der Firma Hipp haben Nachhaltigkeit und Bio eine lange Tradition. Was das im heutigen Markt bedeutet, erklärt Nachfolger Stefan Hipp im Interview.

War Ihr Alleinstellungsmerkmal von da an immer bio?

Das hat damals im Markt noch keine Rolle gespielt, wir haben das nicht nach außen kommuniziert. Der Verbraucher wusste das gar nicht. Das kam erst in den Neunzigerjahren, als wir unsere komplette Rohstoffkette auf Bio umgestellt haben. Vorher war es nur schwer möglich, alle Rohstoffe in biologischer Qualität zu bekommen. Da war viel Überzeugungsarbeit notwendig.

Heute haben sogar Supermarktketten eigene Bio-Marken im Regal –

Mit Bio-Anbau zum Erfolg: Die Philosophie von Hipp war ein absolutes Novum. (© Hipp GmbH & Co. Vertrieb KG)

– Gott sei Dank! (lacht)

Ist das kein Problem für Sie?

Wir spüren die starke Nachfrage nach Bio-Produkten, aber es ist immer eine Herausforderung, diese in bester Qualität zu bekommen. Diese können wir zum Glück bestehen. Wir haben Erzeuger, mit denen wir in der dritten Generation zusammenarbeiten. Wir brauchen Landwirte, die Bio aus Überzeugung und aus eigenem Antrieb heraus betreiben. Denn nur dann machen sie es richtig. Dass der Biomarkt stark wächst, macht uns natürlich auch Freude, weil wir überzeugt sind, dass dies die einzige Möglichkeit ist, Lebensmittel zu erzeugen und unsere Böden langfristig zu erhalten. Wenn ein Boden einmal zerstört ist, braucht es bis zu 20 Jahre, bis er wieder fruchtbar ist. In den letzten 50 Jahren wurden leider ziemlich viele Böden zerstört.

Bio ist aber nicht gleich Bio. Durch die starke Kommerzialisierung beklagen einige, dass der Begriff verwässert wird und die einwandfreie Qualität eben nicht mehr gewährleistet werden kann. Stimmt das?

Für Hipp ist die Transparenz ganz wichtig. Wir kennen die genaue Herkunft unserer Rohstoffe und pflegen unsere Lieferantenbeziehungen. Nur so können wir garantieren, dass alles stimmt.Jeder kennt den berühmten Slogan aus der TV-Werbung: „Dafür stehe ich mit meinem Namen“. Bei der Firma Hipp haben Nachhaltigkeit und Bio eine lange Tradition. Was das im heutigen Markt bedeutet, erklärt Nachfolger Stefan Hipp im Interview.

Sie haben seit Jahren Ihr eigenes Bio-Siegel. Wäre es nicht besser, mit den bekannteren „regulären“ Bio-Siegeln in Erscheinung zu treten?

Sicherlich ist es für Verbraucher heutzutage schwierig, all diese Siegel auseinanderzuhalten. Das EU-Bio-Siegel kennt jeder. Ich denke aber schon, dass der Verbraucher unseren hohen Qualitätsanspruch versteht. Mit unserem eigenen Siegel bringen wir zum Ausdruck, dass wir seit Jahren über gesetzliche Bestimmungen für Bio-Produkte hinausgehen. Da wir ja auch mit unserem eigenen Namen für unsere Produkte stehen, ist uns das als Qualitätsgarantie wichtig.

Bodenkontrolle bei Hipp: Werden Rückstände in den Gläschen gefunden, ist das ein PR-GAU. (© Hipp GmbH & Co. Vertrieb KG)

Sie werben auch damit, dass Ihre Produkte 260 Qualitäts- und Sicherheitskontrollen durchlaufen. Die Nestlé-Tochter Alete behauptet genau dasselbe. Wie unterscheiden Sie sich?

Ich kann nicht nachvollziehen, was unsere Wettbewerber untersuchen. Wir untersuchen jedenfalls bis zu 760 Mal auf über 1.000 Substanzen in unserem eigenen Labor. Unter allen europäischen Labors sind wir nie schlechter als das zweite. Wir können also sicherlich besser als viele andere auf Rückstände prüfen. Das ist für uns das Allerwichtigste – gerade weil wir mit unserem Namen dafür bürgen.

2012 kritisierte Foodwatch erhöhte Zuckerwerte in Ihren Früchtetees, 2013 kamen Berichte von genmanipuliertem Gemüse in Ihren Babygläschen auf. Wie sehr treffen Sie solche Anschuldigungen?

Die Zuckerwerte waren nicht erhöht, sondern lagen genau in dem Rahmen, den der Gesetzgeber vorgibt. Die Produkte waren einwandfrei. Auch bei den Gläschen wurden bei uns im Nachgang keine gentechnisch veränderten Zutaten festgestellt. Wir haben alles noch mal untersucht. Manchmal kommuniziert die Presse die Dinge so, wie sie sich besser verkaufen lassen. Das verunsichert natürlich den Verbraucher.  Jeder kennt den berühmten Slogan aus der TV-Werbung: „Dafür stehe ich mit meinem Namen“. Bei der Firma Hipp haben Nachhaltigkeit und Bio eine lange Tradition. Was das im heutigen Markt bedeutet, erklärt Nachfolger Stefan Hipp im Interview.

Haben Sie das am Umsatz gemerkt?

Den Granulat-Früchtetee gibt es nicht mehr, der Markt ist weg. Natürlich entsteht wirtschaftlicher Schaden. Noch schlimmer wiegt aber, dass man verunsicherte Verbraucher hat, und das völlig zu Unrecht. Das können wir uns nicht leisten.

All die Kontrollen und die biologischen Zutaten kosten Geld. Wie positionieren Sie sich im Preiskampf?

Da wir bei der Qualität keine Kompromisse eingehen, tun wir das auch nicht beim Preis. Und der Verbraucher ist bereit, dafür zu bezahlen. Durch unsere Bio-Philosophie wurden wir in den Neunzigerjahren zur Nummer eins für Babynahrung. In der Säuglingsmilch sind wir erst in den letzten zehn Jahren stark gewachsen. Mittlerweile sind wir im Gesamtmarkt Marktführer.

Sie stecken auch viel Geld in Ihre Kommunikation zum Thema Nachhaltigkeit. Lohnt sich das?

Die Themen CSR und Nachhaltigkeit betreiben wir nicht, um mehr Gläschen zu verkaufen, sondern aus tiefster Überzeugung – und Tradition. Das Schöne an einem Familienunternehmen ist, dass man Dinge machen kann, die großen Aktiengesellschaften zu teuer wären.

Mittlerweile machen Sie 50 Prozent Ihres Umsatzes im Ausland. Auch dort sind Ihre Produkte im Schnitt teurer. Wissen auch ausländische Verbraucher die strenge Hipp-Qualität zu schätzen?

Der Wettbewerb im Ausland ist sicher stark. Doch auch hier gehen wir bei der Qualität keine Kompromisse ein. Man kann aber sagen, dass Transparenz bei Lebensmitteln weltweit an Bedeutung gewinnt. Bei der internationalen Expansion ist für uns die Sicherstellung der biologischen Produktions- und Lieferketten sicherlich die größte Herausforderung. Dadurch kommt sie etwas langsamer voran.


Zur Person

(© Hipp GmbH & Co. Vertrieb KG)

Stefan Hipp ist seit 2012 Mitglied der Gruppengeschäftsführung von Hipp. Das Unternehmen ist deutschlandweit Marktführer für Babynahrung. Den Weg dafür hat die Umstellung auf biologischen Landbau bereitet. Ihren Wurzeln bleibt die Familie Hipp auch in der Schweiz treu: Dort vertreibt sie seit 1954 als erster Hersteller ökologisch angebautes Bircher-Müsli. www.hipp.de

Die mobile Version verlassen