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„Die Nullzinsphase wird zementiert“

Die EZB-Entscheidung zum Anleihekauf hat auch Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Wie sollte das Betriebsvermögen angelegt werden? Werden nun noch mehr Anleihen begeben? Wir haben nachgefragt bei Marc Starzmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Mittelstandsbank bei der Commerzbank in München.  

Welche Auswirkungen hat die EZB-Entscheidung auf das Betriebsvermögen? Wird nun anders angelegt?

Starzmann: Die Unternehmen schauen im kurzfristigen Anlagebereich genauer hin. Neben Termingeldern bieten sich auch Commercial Paper, also Inhaberschuldverschreibungen mit kurzen Laufzeiten sowie Geldmarktfonds an. Die Rendite von Geldmarktfonds war durch die allgemein niedrigen Zinsen auch stark unter Druck geraten. Gerade geldmarktnahe Fonds können aber noch positive Renditen bieten, dadurch dass sie mit verschiedenen Laufzeiten und Emittenten spielen, in die sie investieren.

Ein Ziel der EZB-Entscheidung ist auch, das Begeben von Unternehmensanleihen wieder attraktiver zu machen. Meinen Sie, dass Unternehmen in Europa verstärkt zu diesem Instrument greifen werden?

Die Attraktivität von Anleihen bleibt auf Grund des Marktumfeldes und der zunehmenden Regulierung der Kreditinstitute unverändert hoch. Die EZB-Maßnahmen haben insofern indirekt stimulierende Auswirkung, als dass die EZB bei bestimmten Anleihen neu und zudem signifikanter als Investor auftritt – derzeit vor allem bei Covered Bonds.

Werden mehr Kredite ausgegeben und auch nachgefragt?

Aufgrund der EZB-Entscheidung stellen wir bisher keine veränderte Nachfrage nach Krediten fest. Unabhängig davon konnte die Commerzbank in Bayern die Kreditvergabe um zehn Prozent steigern. Bei den öffentlichen Fördermitteln wurden sogar 40 Prozent mehr zugesagt.Die EZB-Entscheidung zum Anleihekauf hat auch Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Wie sollte das Betriebsvermögen angelegt werden? Werden nun noch mehr Anleihen begeben? Wir haben nachgefragt bei Marc Starzmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Mittelstandsbank bei der Commerzbank in München.  

Welche der erleichterten Finanzierungsbedingungen werden deutsche Unternehmen in Anspruch nehmen? Brauchen sie die überhaupt?

Die derzeitigen günstigen Finanzierungsbedingungen sollten die Unternehmer nutzen, um sich langfristig zu refinanzieren. Eine Finanzierung aus dem eigenen Cash-Flow macht nicht immer Sinn. Zudem wird das Zinsniveau nicht immer auf diesem Niveau bleiben.

Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass all die zusätzliche Liquidität in relativ starke Volkswirtschaften des Euro-Raums, etwa die deutsche, fließt, und nicht in die Zielmärkte schwächelnder Staaten? 

Diese Gefahr besteht durchaus. Aber wie sich das Anlegerverhalten tatsächlich entwickelt, muss man über die nächsten Wochen hin beobachten.

Was bedeutet das für Privatanleger: Welche Assets lohnen sich, Corporate Bonds oder Aktien?

Durch die Anleihekäufe wird die Nullzinsphase in Europa zementiert. Eine erste Zinserhöhung ist nun frühestens 2017 vorstellbar. Tagesgeldkonto und Sparbuch werden damit auch in Zukunft kaum Zinsen abwerfen und fallen dann als Instrument zum langfristigen Vermögensaufbau aus. Auch bei der Geldanlage eröffnen die Interventionen der EZB Chancen. Vermutlich werden die Renditen der Peripheriestaaten Spanien, Portugal und Italien noch etwas weiter fallen. Zwar sind die fundamentalen Risiken hier mittlerweile gestiegen. Trotzdem lohnt sich eine Beimischung entsprechender Anleihen für den risikobewussten Investor. Gleiches gilt für Unternehmensanleihen schwächerer Bonität. Sie stehen zwar nicht direkt im Fokus der EZB, dürften aber indirekt profitieren. Eine weitere Chance bietet der US-Dollar, der sich trotz der bereits erfolgten Aufwertung weiterhin gegenüber dem Euro in den nächsten 12 Monaten festigen wird.

Vielen Dank für das Gespräch.


Zur Person

Marc Starzmann ist Leiter des Firmenkundengeschäfts Bayern-Süd der Commerzbank-Mittelstandsbank München. www.commerzbank.de

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