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„Das doppelte und dreifache Prüfen kostet enorm viel Geld“

Die Unternehmensgruppe Schubert & Salzer stellt Ventile her. Ein Viertel des Umsatzes kommt mittlerweile aus den USA. Doch das ist teuer: Mit eigenen Produktionsstätten in den USA ist sie nicht vertreten. Durch das TTIP würde sie einen leichteren Marktzugang bekommen. Auch die Doppelstandards, die die Produktion verteuern und die Marge schmälern, fielen für den Mittelständler weg. Betram Kawlath, Geschäftsführender Gesellschafter, erklärt die Vorteile.

Was ist gesamtwirtschaftlich betrachtet der größte Nutzen von TTIP?

Kawlath: Das wichtigste Argument für TTIP ist, dass gerade mittelständische und kleinere Unternehmen einen leichteren Marktzugang bekommen. Große Unternehmen sind in der Regel in der Lage, in den USA Produktionsstätten zu haben. Die brauchen gar nicht so viel hin und her zu schaffen. Wir kleinen haben oft keine Produktionsstätten außerhalb Deutschlands. Wir müssen exportieren. Da fällt es uns schwerer, den administrativen Aufwand zu bewältigen, der dahintersteht.

Wie sieht das für Ihr Unternehmen aus?

Wir sind ein Ventilhersteller. Wir machen aufwändige Regelarmaturen. Bei uns bedeutete der Einstieg ins Amerikageschäft, buchstäblich tausende Zeichnungen zu verändern auf die amerikanische Norm anzupassen. Das heißt, wenn man ein Gerät nach der Druckgeräterichtlinie hier in der EU prüft, dann muss man es in Amerika noch einmal machen. Das doppelte und dreifache Prüfen von bewährten Produkten, das kostet enorm viel
Geld und man braucht auch die Leute dazu. Wir machen inzwischen ein Viertel unseres Umsatzes mit den USA. Wir haben seinerzeit den ganzen nötigen Aufwand erledigt. Das kann sich nicht jeder leisten. Aber dieser Aufwand macht ein Produkt auch teurer. Da schlagen vier Prozent Zoll genauso zu wie die Administrationskosten.

TTIP soll ein Kapitel speziell für kleine und mittlere Unternehmen bekommen. Was sollte darin stehen?

Sinnvoll wäre es aus meiner Sicht, etwas Ähnliches wie den Small Business Act der EU zu installieren. Der legt eine Besserstellung für kleine und mittlere Unternehmen fest. Das können Ausnahmen von Berichtspflichten sein, das können Erleichterungen bei Aufwendungen sein. Ziel ist es, dass man kleine Unternehmen anders behandelt als große. Meine Hoffnung wäre es, Vorfahrt für den Mittelstand als Prinzip in TTIP zu verankern.Die Unternehmensgruppe Schubert & Salzer stellt Ventile her. Ein Viertel des Umsatzes kommt mittlerweile aus den USA. Doch das ist teuer: Mit eigenen Produktionsstätten in den USA ist sie nicht vertreten. Durch das TTIP würde sie einen leichteren Marktzugang bekommen. Auch die Doppelstandards, die die Produktion verteuern und die Marge schmälern, fielen für den Mittelständler weg. Betram Kawlath, Geschäftsführender Gesellschafter, erklärt die Vorteile.

Für welche Seite ist das Freihandelsabkommen wichtiger?

Ich denke, das ist für beide Seiten gleichermaßen nützlich. Im deutschen Maschinenbau, zum Beispiel, haben zwei Drittel unserer Unternehmen weniger als hundert Beschäftigte. Das gilt noch mehr für die USA. Maschinenbauer in den USA sind ähnlich wie bei uns kleine und mittlere Familienunternehmen. Dem mittelständischen Familienunternehmen im mittleren Westen der USA fällt es genauso schwer, nach Europa zu exportieren, als umgekehrt. Das sind hier wie dort die Unternehmen, denen TTIP wirklich helfen würde. Wir haben ja in Europa nicht nur den prosperierenden Maschinenbau in Deutschland. Da gibt es Unternehmen in Spanien oder Süditalien, für die der europäische Markt nicht ausreicht, um die Produktion richtig zu füllen, die sich aber den Aufwand für den Marktzugang in den USA nicht leisten können. Solchen Unternehmen würde TTIP helfen.

Wie wichtig wäre es für Ihr Unternehmen, ein Schiedsgericht in den USA anrufen zu können?

Nehmen wir an, ich baute in den USA eine Fabrik, investierte dafür vielleicht 50 Mio. Euro, die ich über 20 Jahre finanzierte. Kaum bin ich fertig, kommt vielleicht unvorhersehbar ein neues Gesetz, das es untersagt, Fabrikhallen aus Beton zu bauen und man fordert von mir, meine Fabrik niederzureißen. Dann möchte ich die USA verklagen können. Es ist ja nicht gesagt, dass jede dieser Klagen Erfolg hat. Wir hatten in der Vergangenheit etwa 20 Klagen, von denen vielleicht drei Erfolg gehabt haben. Davon bricht uns noch nicht die Demokratie zusammen.

Was finden Sie als Mittelständler an TTIP gut, abgesehen von den rein wirtschaftlichen Gründen?

Als Mittelständler sind wir langfristig ausgerichtet. Wenn wir ein Investment machen, dann sind wir mindestens zehn oder 20 Jahre daran gebunden. Geht so ein Investment schief, haut es uns um. Also versuchen wir, langfristig Märkte und Marktzugang zu generieren und zu halten. Schnell rein, schnell raus, das geht für einen Mittelständler nicht. Deshalb ist die langfristige Basis, die der Freihandel erst schafft, für uns so wichtig. TTIP ist ein langfristiger Vertrauensrahmen, damit auch kleine den Schritt auf den US-Markt wagen können.

Viele können sich nicht vorstellen, dass die Amerikaner einen ihrer Standards auch einmal zugunsten des europäischen Pendants aufgeben.

Dahinter steckt eine sehr seltsame Mischung aus mangelndem Selbstwertgefühl und gleichzeitig ungeheurer Hybris. Einerseits denkt man, die Amerikaner werden uns doch immer überfahren, andererseits ist man überzeugt davon, so gut wie unsere Normen sind doch keine auf der Welt. Beides ist seltsam miteinander verwoben. Irgendwann werden wir in der Beschäftigung mit der Norm lernen, dass auch die Amerikaner nicht gerne Abfall essen. Der einfachere Weg wäre, nicht neue Standards zu schaffen, sondern eine gegenseitige Akzeptanz von Standards festzulegen. Wir werden nie alle Anschlussgrößen vereinheitlichen können. Aber es gibt bestimmte Testverfahren für Produkte. Da bewegt man sich im Bereich der Anerkennung. Da muss keiner seine Produktion umstellen. Da müssen wir nur die Haltung zu Fremdländischem umstellen.


Zur Person

Bertram Kawlath ist Geschäftsführender Gesellschafter der Schubert & Salzer GmbH aus Ingolstadt. Das mittelständische Familienunternehmen ist spezialisiert auf Ventiltechnologie, Feinguss und ERP-Systeme. www.schubert-salzer.com 

Das Interview ist Teil einer Serie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), für die Mitgliedsunternehmen zum Thema TTIP befragt wurden. Lesen Sie die Interviews auch auf vdma.org.

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