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Die Macht der Werte

Es ist nicht mehr nur die wirtschaftliche Betrachtungsweise, die zählt: Der nach sozialen und ethischen Dimensionen skalierte Unternehmenswert wird immer wichtiger. Entscheidend dafür ist das richtige Personal. 

Spätestens seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 sind Fragezeichen am neoliberalen Modell aufgetaucht. Die Ausrichtung an der individuellen Nutzenmaximierung geriet selbst in die Krise. Dabei spielt sicher eine Rolle, dass in der heutigen Gesellschaft vermehrt ein aktives Bekenntnis zu sozialer Verantwortung gefordert wird, auch über Themen der PR-technisch viel bemühten Corporate Social Responsibility (CSR) hinaus. Zahlreiche Unternehmen möchten – zumal nach außen hin – zeigen, dass sie als Akteure der Zivilgesellschaft ernst genommen werden können und sollen. Sie engagieren sich infolgedessen für Sport, Kunst, Kultur und soziale Belange.

Und nicht wenige Firmen stecken eine Menge Energie in die Ausarbeitung eines Leitbilds, einer Wertecharta oder einer anderen Form ausdrücklicher Vergewisserung, nach welchen Werten im Unternehmen gehandelt werden soll. Schwierig daran ist nur, dass der rhetorische Überbau im Alltag nicht selten Lügen gestraft wird. Darzustellen, wie man sich selbst gerne sieht, ist das eine. Gelebter Alltag kann ganz anders sein.

Integrierte Wertestrategie

Heutzutage wird verstärkt eine integrierte Wertestrategie gefordert, also der explizite Rückbezug von ethischen Werten auf die Unternehmensstrategie, die Unternehmen dabei unterstützt, Vorfahrtsregeln für ethische Konflikte festzulegen. Eine Wertestrategie ist insoweit auch systematisch zu entwickeln und sollte im Sinne eines Werte-Cockpits sogar zum Gegenstand von Controlling werden. Dahingehendes „integriertes Reporting“ umfasst letztlich Elemente der Nachhaltigkeit, der Wertestrategie und der im engeren Sinn CSR-bezogenen Aktivitäten eines Unternehmens.

Viel wichtiger als reine Formalia zu bedienen ist aber, dass werteorientierte Unternehmensführung zur Verantwortung aller Beteiligten wird, d.h. Eigentümer und Geschäftsführung einbezieht. Denn Glaubwürdigkeit bei den Mitarbeitenden im Unternehmen, bei Kunden und Lieferanten entsteht nur, wenn das Bemühen um die Einhaltung, Weiterentwicklung und stimmige Deutung von Werten auf allen Ebenen des Unternehmens erfahrbar wird. Fehler und Konflikte wird es dabei immer geben. Wenn aber Menschen erleben, dass es „ernst“ ist mit der Werteorientierung, gehen sie innerlich und äußerlich mit. Und Werte wirken dann im Zweifelsfall als Entlastung.

Es ist nicht mehr nur die wirtschaftliche Betrachtungsweise, die zählt: Der nach sozialen und ethischen Dimensionen skalierte Unternehmenswert wird immer wichtiger. Entscheidend dafür ist das richtige Personal. 

Erfolgsfaktor Personalauswahl

Damit kommen wir zum entscheidenden Faktor: den handelnden Menschen. Wir können uns drehen und wenden, wie wir wollen: Erfolg fußt auf Werten und braucht kluge Köpfe mit integrem Charakter. Mehr denn je hängt die Arbeitgeberattraktivität eines Unternehmens auf einem zunehmend wettbewerbsintensiven Arbeitsmarkt von einer gelebten Wertekultur ab.

Wertorientierung ist an dieser Stelle nicht nur kein Widerspruch zu, sondern vielmehr eine unabdingbare Voraussetzung für ökonomischen Erfolg. Die richtigen Menschen an der richtigen Stelle, das ist der Traum jedes Unternehmers oder Arbeitgebers. In engen Kandidatenmärkten können allerdings gerade die besonders qualifizierten Spezialisten und Führungskräfte mit großem Entscheidungsspielraum für sich definieren, wo sie ihre berufliche Zukunft finden. Die Investition in ein wertepositives Umfeld zahlt sich für Arbeitgeber in spe folglich sogar in Heller und Pfennig, in Euro und Cent aus.

Vor diesem Hintergrund wird die externe Suche nach Leistungsträgern zur strategisch bedeutsamen Aufgabe für Unternehmen. Neben den nötigen Kenntnissen hinsichtlich Ausbildung und Studium sowie Lebens- und Berufserfahrung gehört es heute zu den erfolgskritischen Faktoren, auf gemeinsame Werte von Kandidaten und suchenden Unternehmen zu achten. Wer als Kandidat im Bewerbungsgespräch seinen früheren Arbeitgeber in ein gewisses Licht rückt oder gar Interna ausplaudert, muss damit rechnen, dass sein Gesprächspartner annimmt, dass er das gleiche Verhalten auch dann zeigt, wenn er oder sie einmal den neuen Arbeitgeber verlässt. Wer andererseits beispielsweise jahrelang neben einem erfolgreichen Berufsleben den Handballnachwuchs trainiert oder wer sich im Ernstfall um Kinder oder pflegebedürftige Eltern gekümmert hat, wird es leichter haben, Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Belastbarkeit oder Teamorientierung glaubhaft zu vermitteln.

Werteorientierung wird im Hinblick auf die Besetzung von Schlüsselpositionen zu einer Grundanforderung gegenüber potenziell geeigneten Kandidaten. Und vor diesem Hintergrund ist der Führungskräfteauswahl ein entscheidender Anteil beizumessen, im Rahmen eines professionellen Suchprozesses eben auch das spezifische Werteprofil eines Unternehmens zu erfassen. Denn erst auf der Basis der unternehmerischen Wertelandschaft kann die fachlich und menschlich passende Persönlichkeit identifiziert werden. Und nicht nur aus Ehe und Freundschaft weiß man: Wenn die gemeinsamen Werte stimmen, lassen sich die Höhen und Tiefen des Lebens einfach besser bewältigen!

Fazit

Werteorientierung wird zunehmend zum „Muss“ für erfolgreiche Unternehmensführung. Die Stimmigkeit einer Wertestrategie beeinflusst nicht nur den Prozess der betrieblichen Leistungserbringung, sondern ebenso die Auswahl, Förderung und Beförderung der für Schlüsselpositionen geeigneten Persönlichkeiten. Diese müssen nicht nur die fachlich erforderlichen Kenntnisse vorweisen. Denn wo Werteskalen nicht übereinstimmen, dort passen Persönlichkeiten auf Führungskräfteebene letztlich nicht zueinander.


Zur Person

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel ist Senior Advisor bei Labbé & Cie. Er war u.a. Vorstandsvorsitzender der Paul Hartmann AG und Recruiting Director bei The Boston Consulting Group. Er ist Mitglied in diversen Aufsichtsräten, zudem ehrenamtlich als Direktor des Instituts für Sozialstrategie tätig. www.labbe-cie.eu

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