23. Corporate M&A Kongress 2025: Zukunft durch Transformation

Foto: © Nadine Stegemann

Rund 200 Entscheiderinnen und Entscheider aus Konzernen und dem gehobenen Mittelstand kamen am 30. Oktober 2025 im HBW Conference Center in München zum diesjährigen Corporate M&A Kongress zusammen. Fach- und Führungskräfte aus den Bereichen Mergers & Acquisitions, Recht und Compliance diskutierten in Plenen, Deep Dives und Fokus-Talks über Strategien, Risiken und Chancen in einem M&A-Markt im Umbruch. Veranstalter Studio ZX und DIE ZEIT Conferences stellten mit einem abwechslungsreichen Programm den Transfer zwischen strategischem Denken, rechtlicher Expertise und digitaler Praxis in den Mittelpunkt.

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Nach einer kurzen Begrüßung durch Detlev Leisse (Studio ZX) eröffnete Jana Baurmann (DIE ZEIT) das Plenum mit einem One-on-One mit Philippa Sigl-Glöckner, Gründerin des Thinktanks Dezernat Zukunft. Unter dem Titel „Zukunftsstandort Deutschland – Wie werden wir wieder wettbewerbsfähig?“ zeichnete Sigl-Glöckner ein klares Bild: „Wir müssen technologisch wieder exzellent werden und unser Humankapital stärken – sonst verlieren wir den Standortvorteil.“ Sie plädierte für eine neue Industriepolitik, die Innovation, Bildung und Kapitalmarktentwicklung stärker verzahnt: „Deutschland muss wieder investieren – nicht nur in Beton, sondern in Köpfe und Ideen.“ Wettbewerbsfähigkeit, so Sigl-Glöckner, entstehe aus kluger Regulierung und einem funktionierenden Finanzsystem, das Transformation ermöglicht.

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Im Anschluss sprach Dagmar Mundani, Leiterin M&A bei Siemens AG, über Wachstumsstrategien im Zuge digitaler Transformation und geopolitischem Wandel. Sie betonte, dass M&A in einem volatilen Umfeld wieder stärker strategischer Kompass sein müsse: „Transaktionen sind für uns kein Selbstzweck, sondern Ausdruck langfristiger Technologie- und Innovationsziele.“ Besonders in Zeiten geopolitischer Unsicherheit gehe es darum, Resilienz in Wertschöpfungsketten und digitale Fähigkeiten zu sichern. Mundani machte deutlich, dass der Erfolg von M&A heute weniger an Dealvolumen als an Integrationstiefe und Lernfähigkeit gemessen wird. „Wir müssen Geschwindigkeit wieder lernen.“ Ihr Plädoyer: Unternehmen sollten M&A nicht als Reaktion auf Krisen begreifen, sondern als vorausschauendes Gestaltungsinstrument.

Prozessdesigns und Buy-and-Build-Strategien

Die erste Deep-Dive-Etappe widmete sich praxisnahen Fragen rund um Transaktionsprozesse. Im Europasaal stellte Dr. Olaf Schween (LBBW) gemeinsam mit Martin Steidle innovative M&A-Prozessdesigns vor. Hier wurde erläutert, wie Pre-Sounding und Marktstudien im Vorfeld helfen, die Deal-Geschwindigkeit zu erhöhen. Besonders im Fokus standen Fallbeispiele zu Cross-Border-Transaktionen mit Asien.

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Parallel im Münchner Saal diskutierten Boris Dürr und Dr. Mathias Schröder (HEUKING) mit Patrick Altenried (Altenried Etti) und Dr. Daniel Meuthen (AUCTUS Capital Partners) das Thema „Buy and Build – Ein Private-Equity-Erfolgskonzept auch für Corporates?“. Meuthen stellte anhand der Fallstudie „Builtech Group“ die Erfolgsfaktoren der AUCTUS-Strategie vor: „Buy and Build ist heute nicht mehr nur Erwerb, sondern aktive Integration.“ Value Creation entstehe aus Governance, Prozessstandardisierung und HR-Professionalität. Dürr betonte: „Corporates können von der PE-Disziplin viel lernen, müssen aber ihre kulturelle Trägheit überwinden.“ Schröder ergänzte, dass Buy-and-Build im Corporate-Kontext vor allem dann funktioniere, „wenn juristische Präzision und strategische Zielklarheit von Anfang an zusammenspielen.“

Verhandlungskunst und antizyklische Chancen

In der zweiten Etappe vermittelte Dr. Regina Engelstädter (Oppenhoff) gemeinsam mit Dr. Philipp Heinrichs und Dr. Anne Daentzer (Schott AG) unter dem Titel „Grundsätze einer effektiven Verhandlungsführung bei M&A-Transaktionen“ konkrete Werkzeuge: vom BATNA-Framework über Stakeholder-Mapping bis zu psychologischen Taktiken in schwierigen Deal-Phasen.

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Parallel analysierte Kai Hesselmann (DealCircle GmbH) in seinem Vortrag „The night is darkest just before the dawn“ die Chancen antizyklischer Akquisitionen. Basierend auf einer Umfrage unter 1.000 M&A-Professionals kam er zu dem Schluss: „Wir befinden uns in einem klaren Käufermarkt. Wer jetzt investiert, kann zu attraktiven Konditionen Werte schaffen.“ Hesselmann sprach sich für einen datenbasierten, technologiegestützten Dealsourcing-Ansatz aus, um solche Chancen gezielt zu identifizieren: „Wer sich jetzt breit und digital aufstellt, wird in der nächsten Aufschwungphase die Gewinnerdeals machen.“ Antizyklische M&A-Aktivität sei derzeit weniger Risiko als strategische Weitsicht.

Internationale und Konzern-Perspektiven

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Das zweite Plenum führte die Diskussion in den globalen Kontext. Tobias Rauss, Vice President M&A bei Infineon Technologies AG, berichtete über Foreign Direct Investment und den CFIUS-Prozess am Beispiel aktueller US-Transaktionen. Er erläuterte, wie geopolitische Spannungen und Exportkontrollen heute fast jede Technologietransaktion beeinflussen. „CFIUS ist kein bürokratisches Hindernis, sondern ein Risikofaktor, den man strategisch managen muss“, betonte Rauss. Entscheidend sei, regulatorische Fragen frühzeitig interdisziplinär – mit Legal, IT und Public Policy – zu adressieren, um Projekte planbar zu halten. Er plädierte für eine neue Form der strategischen Wachsamkeit: „Erfolgreiches M&A im Technologieumfeld heißt heute, Politik mitzudenken.“

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Anschließend sprach Martin Joos (Trumpf SE + Co. KG) über M&A als „Instrument strategischer Transformation im Mittelstand“. Trumpf nutze Übernahmen und Beteiligungen gezielt, um technologische Kompetenzfelder zu erweitern und Innovationszyklen zu verkürzen. „Für uns ist M&A kein Wachstum um jeden Preis, sondern ein Hebel zur Fokussierung – wir investieren dort, wo Technologie und Kultur zueinander passen.“ Trumpf habe in den vergangenen Jahren mehrere Carve-outs und Spin-offs umgesetzt, um Innovationskraft zu entfesseln und Start-up-Mentalität innerhalb des Konzerns zu fördern. Diese Struktur ermögliche schnellere Entscheidungsprozesse und eine gezieltere Kapitalallokation. Besonders betonte er die Bedeutung von kultureller Passung und langfristigem Denken: „Im Mittelstand zählt Kontinuität mehr als kurzfristige Skalierung. Ein guter Deal ist der, der strategische Substanz schafft – nicht der, der den nächsten Quartalsbericht verschönert.“

Fokus-Talks zu KI, Daten und Carve-outs

Der Nachmittag stand unter dem Motto „Vier Impulse in 60 Minuten“. Den Auftakt machte erneut Kai Hesselmann mit dem provokanten Thema „Wann übernimmt die KI M&A-Prozesse vollständig?“. „Es ist keine Frage ob, sondern wann Technologie den gesamten M&A-Prozess transformiert“, so Hesselmann. Dennoch bleibe Verhandeln „Peoples Business“.

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Deniz Schütz (StrategyBridgeAI GmbH) führte weiter aus, wie datenbasierte Deal-Intelligence Qualität vor Quantität stellt: „Wir müssen vom Deal Flow zur Deal Quality kommen – smarte Algorithmen helfen, aber sie ersetzen nicht das Urteilsvermögen erfahrener Manager.“

Markus Schiller (Datasite Germany) gab einen Ausblick auf den M&A-Markt DACH: „Wir stehen zwischen Nachfolge und Transformation – viele Deals werden künftig eher Restrukturierungen als reine Wachstumsinvestitionen sein.“ Er betonte, dass die Qualität der Transaktionsvorbereitung zunehmend über den Erfolg entscheide: „Professionelles Datenmanagement und digitale Transparenz werden zum neuen Maßstab für Geschwindigkeit und Deal-Sicherheit.“

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Abschließend beleuchtete Andre Waßmann (BearingPoint Capital) Erfolgsfaktoren bei Carve-outs: „Carve-outs sind kein technisches, sondern ein kulturelles Thema. Erfolg hat, wer Organisation, IT und Kommunikation synchronisiert.“ Waßmann warnte davor, Carve-outs rein finanziell zu denken: „Wenn Sie nur auf Kostenreduktion schauen, zerstören Sie oft das, was Sie eigentlich schützen wollen – nämlich Wertschöpfung und Innovationskraft.“

Aus der Praxis für die Praxis – Realitätstest für M&A 2026

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Zum Abschluss diskutierten  im Panel „Aus der Praxis für die Praxis“, moderiert von Markus Rieger (GoingPublic Media AG), fünf erfahrene Praktiker aus Industrie, Beratung und Private Equity über die Realität des M&A-Geschäfts zwischen steigenden Zinsen, geopolitischen Risiken und technologischer Disruption.

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Dr. Michael Drill (Lincoln International) eröffnete mit einem Ausblick auf den M&A-Markt 2026. Sein Befund war differenziert: „Wir sehen wieder steigende Aktivität – aber in völlig anderer Qualität. Käufer prüfen genauer, Verkäufer müssen viel mehr liefern.“ Die Zeiten der reinen Multiple-Logik seien vorbei: „Wer heute Transaktionen erfolgreich abschließt, hat sich inhaltlich vorbereitet – operativ, kulturell und technologisch.“ Seine Prognose fiel mit der Erwartung eines Transaktionsanstiegs um 20% optimistisch aus.

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Dirk Spalthoff (Eight Advisory) erörterte aktuelle Bewertungsfragen: „Im Midcap-Bereich erleben wir, dass Locked-Box-Mechanismen Stabilität schaffen, aber auch Risiken verschleiern können.“ Welche Mechanik – Locked Box oder Closing Accounts – zum Einsatz komme, entscheide sich letztlich an der Verlässlichkeit der Daten und am Tempo des Transaktionsprozesses. Seine Empfehlung: „Unternehmen sollten ihre Financial Readiness so aufstellen, dass sie beide Modelle flexibel beherrschen.“

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Thomas Fischer (Plaion GmbH) brachte die Perspektive eines Corporate Acquirers ein – mit Fokus auf Earn-out-Klauseln: „Der Earn-out ist wie ein Trojanisches Pferd: gut gemeint, oft schlecht gebaut.“ Fischer berichtete von Transaktionen, bei denen ambitionierte Umsatz- oder EBIT-Ziele „im Überschwang verhandelt“ wurden, später aber zu Konflikten führten. „Der Earn-out funktioniert nur, wenn Vertrauen da ist – sonst wird er zum Rohrkrepierer.“

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Dr. Eike Houben (BASF SE) verschob den Blick auf die Verkäuferseite und sprach über das Konzept „Divestment Readiness“: „Viele Konzerne reden von strategischer Flexibilität, aber in der Praxis fehlt die Geschwindigkeit. Wir müssen lernen, unsere Assets jederzeit verkaufsfähig zu halten.“ Houben forderte ein Umdenken: „Ein gutes Carve-out ist kein Projekt, sondern ein Zustand – es ist das Ergebnis konsequenter Portfoliohygiene.“

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Marc Jacob (KARL STORZ SE & Co. KG) brachte die Perspektive des Mittelstands ein: „Wir investieren unter Druck – aber gezielt.“ Er betonte, dass gerade Familienunternehmen M&A wieder als „unternehmerischen Akt“ begreifen müssten: „Es geht nicht um Größe, sondern um Relevanz. Wir investieren, wenn wir Kompetenzen kaufen, nicht nur Märkte.“

Moderator Markus Rieger fasste zusammen: „M&A ist keine Mathematik, sondern Management. Erfolg hängt nicht an der Struktur, sondern an der Haltung.“

Drill schloss mit einem prägnanten Satz: „Wir brauchen wieder mehr Unternehmer in den M&A-Abteilungen.“

Fazit: M&A im Zeichen der Transformation

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Der Corporate M&A Kongress 2025 zeigte, dass sich die Branche gerade neu erfindet. Die Themen reichten von geopolitischen Risiken über Bildungs- und Standortpolitik bis zu KI-gestützten Prozessen. Ein zentrales Leitmotiv zog sich durch alle Formate: M&A ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug für Transformation.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen.

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