Wirtschaftsweise kritisieren Bundesregierung

„Die deutsche Wirtschaftspolitik legt zunehmend Marktergebnisse fest, um Verteilungsziele zu erreichen. Stattdessen ist mehr Vertrauen in Marktprozesse angebracht.“ Mit dieser deutlichen Kritik an der schwarz-roten Koalition beginnt das aktuelle Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Wirtschaftsentwicklung. Ihre Wachstumsprognose setzten die Wirtschaftsweisen herunter.

Das Ende der Fahnenstange ist erreicht – so oder so ähnlich könnte das Fazit des aktuellen Jahresgutachtens des Sachverständigenrats zur wirtschaftlichen Gesamtentwicklung lauten. Mit ihrem Rentenpaket habe die Bundesregierung ihre Spielräume bereits ausgenutzt. Anstatt weiterhin Verteilungsziele erreichen zu wollen, sollte sie sich nun mehr an Marktprozessen orientieren und längerfristige Herausforderungen wie den demografischen Wandel angehen.

Gemeinsam mit den geopolitischen Turbulenzen und der Entwicklung im Euro-Raum macht die Expertengruppe den eingeschlagenen Wirtschaftskurs für die aktuelle Konjunkturabschwächung verantwortlich. Für dieses Jahr geht der Sachverständigenrat von einem Wachstum von 1,2 Prozent aus, im Frühjahr schätzte er den Wert noch auf 1,9 Prozent. Nächstes Jahr soll die deutsche Wirtschaft um ein Prozent zulegen.

Auch an öffentlichen Investitionen mangele es. Schuld daran sei aber eine falsche Prioritätensetzung im Haushalt. Der Konsolidierung des Haushalts räumt der Sachverständigenrat große Bedeutung ein: Das Vertrauen sei noch nicht wieder ganz hergestellt, der finanzpolitische Spielraum soll daher nicht genutzt werden. Das gilt auch für den Euro-Raum: Durch die extrem lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) lasse der Reformeifer in den europäischen Krisenstaaten nach. Für die Währungsunion gehen die Wirtschaftsweisen für 2015 von einem BIP-Zuwachs von einem Prozent aus, die Inflationsrate soll bei 0,7 Prozent liegen. Die Gefahr einer Deflation sehen sie nicht. Um eine Kontrolle des Bankensystems effektiver zu machen, sollte die Bankenaufsicht nicht der EZB unterstehen. Die Bundesregierung sollte deshalb auf eine Änderung der Europäischen Verträge hinwirken.

An privaten Investitionen mangelt es laut Sachverständigenrat nicht. Die Rahmenbedingungen dafür sollten aber vereinfacht werden. Auch sollte der Arbeitsmarkt nicht noch weiter reguliert werden. www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de

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