Von IFA zu MIFA

Johann Gottlob Nathusius galt um 1810 als Gründer des ersten deutschen Industriekonzerns. 200 Jahre später ist sein Ururenkel mit der Sanierung des traditionsreichen Fahrradherstellers MIFA beschäftigt: Heinrich von Nathusius, Seniorchef von IFA Rotorion, übernahm den insolventen Fahrradhersteller. 

Eigentlich war Ende letzten Jahres alles für einen ruhigen Lebensabend vorbereitet. Heinrich von Nathusius, 72, hatte sein 1992 von der Treuhandanstalt erworbenes Gelenkwellenwerk an seine drei Kinder übergeben. Die IFA Rotorion GmbH im sachsen-anhaltinischen Haldensleben, die zu DDR-Zeiten größter Lieferant von Gelenkwellen für LKW und Traktoren war, war zu den Top50-Zuliefererunternehmen der deutschen Automobilindustrie aufgestiegen und beschäftige an zwei Standorten in Sachsen-Anhalt, den USA und China mehr als 2.200 Mitarbeiter. Da erreichte Heinrich von Nathusius ein Hilferuf von Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister. Die beiden kannten sich aus der gemeinsamen Beiratstätigkeit bei der NordLB. Der Minister bat den Unternehmer um Hilfe bei der Rettung des traditionsreichen Fahrradherstellers MIFA.

MIFA an der Börse verzockt

Dabei galt die 1907 gegründete Fahrradschmiede noch vor rund zehn Jahren als ostdeutsche Erfolgsstory. Als einer der größten Fahrradhersteller Deutschlands ging die MIFA AG 2004 an die Börse. Finanzinvestor Carsten Maschmeyer erwarb ein größeres Aktienpaket am Unternehmen. 2014 das böse Erwachen: Verluste in Höhe von knapp 29 Mio. Euro über mehrere Jahre. Gemeinsam mit falschen Buchungen in der Bilanz führten sie das Unternehmen Ende 2014 in die Insolvenz. Der Hallenser Insolvenzverwalter Prof. Lucas Flöther verkaufte im Rahmen eines Asset-Deals die Fahrradwerke an Heinrich von Nathusius. Immerhin waren die Auftragsbücher gut gefüllt, vor allem mit Lieferungen an Discounter wie Aldi oder an die Metro-Gruppe. Für Flöther blieb nur die alte Hülle der MIFA AG, ein Konstrukt, das nichts mehr wert war. Ende Juni will er die Aktie vom Börsenparkett nehmen. MIFA hatte sich an der Börse verzockt. Von Nathusius übernahm mit seinen Kindern und einer befreundeten Familie. In die neue GmbH wurde ein Stammkapital in zweistelliger Millionenhöhe eingezahlt.

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