Public-to-Private: Jetzt oder nie

Die Anzahl der Delistings an deutschen Börsen ist zuletzt sprunghaft gestiegen. Ursache ist eine neue Rechtsprechung des BGH: Sie bietet Unternehmen neue Ansätze, den Rückzug von der Börse zu gestalten. 

Der BGH hat mit seinem FRoSTA-Beschluss vom 8. Oktober 2013 die Regeln für den Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt (Delisting) neu gefasst. Entsprechendes gilt für das Verlassen des regulierten Marktes unter Beibehaltung einer Zulassung im Freiverkehr (Downlisting). In Abkehr von der bisher geltenden Macroton-Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2002 liegt die Entscheidungsbefugnis über den Widerruf nunmehr alleine in der Hand des Vorstands und ggf. des Aufsichtsrats. Ein zustimmender Hauptversammlungsbeschluss sowie eine mittels Spruchverfahren überprüfbare Barabfindung durch den Mehrheitsaktionär sind nicht mehr erforderlich.

Neue Rechtslage

Der Schutz der Aktionäre wird im Hinblick auf das Delisting nunmehr alleine durch das Börsengesetz in Verbindung mit den Börsenordnungen gewährleistet. Das Börsengesetz gibt vor, dass der Widerruf der Zulassung dem Schutz der Aktionäre nicht widersprechen darf, überlässt jedoch die Ausgestaltung im Einzelnen den Börsenordnungen. Die Voraussetzungen für ein Delisting an deutschen Handelsplätzen sind unterschiedlich hoch. Nach der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse wird demnach ein Delisting mit einer Frist von sechs Monaten (regulierter Markt/General Standard) wirksam, innerhalb derer die Aktionäre Gelegenheit haben, ihre Aktien noch über den regulierten Markt zu verkaufen. Die höchsten Voraussetzungen stellt dagegen die Börsenordnung der Börse Düsseldorf in Beibehaltung der Macroton-Grundsätze auf: Vorliegen muss auch weiterhin ein zustimmender Hauptversammlungsbeschluss und ein Kaufangebot des Mehrheitsaktionärs.

Auswirkungen auf die Praxis

Infolge der neuen Rechtsprechung lassen sich in der Praxis zahlreiche Delistings und Downlistings beobachten. Es zeigt sich, dass nach Ankündigung eines solchen Vorgangs viele Aktionäre die Aktie verkaufen und infolgedessen in der Regel der Aktienkurs der Gesellschaft fällt. Während institutionelle Aktionäre gegebenenfalls die Aktie verkaufen müssen, wenn sie im regulierten Markt investiert sein müssen, verkaufen andere Aktionäre die Aktie, weil sie in einer fungiblen Aktie investiert sein wollen. Der fallende Kurs ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass es kein (eine Basis bildendes) Barabfindungsangebot mehr gibt, das im Spruchverfahren im Hinblick auf seine Angemessenheit überprüft wird. Dieser Kursverlust weicht allerdings von den Annahmen des dem FRoSTA-Beschluss zugrunde liegenden BVerfG-Urteils ab, wonach ein Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt auf Antrag des Emittenten grundsätzlich nicht den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts des einzelnen Aktionärs berührt. Anlegerschützer kritisieren deswegen die neue Rechtsprechung und fordern den Gesetzgeber auf, die alte Rechtslage gesetzlich wiederherzustellen. Aus den Umständen, dass viele Aktionäre die betroffene Aktie verkaufen und in der Regel der Kurs fällt, ergeben sich aber auch interessante Transaktionsansätze für die Beteiligten auf dem Markt.

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