Paradigmenwechsel beim Scheitern

Mit einem neuen Gesetz wurde in Deutschland vor fünf Jahren die Insolvenzordnung reformiert. Wer heute in eine Liquiditätskrise gerät, kann sich frühzeitig selbst sanieren. Bislang eignet sich die vorläufige Insolvenz nur in wenigen Fällen. Betroffene Unternehmer sehen darin indes eine strategische Chance.

Gemessen an den rund 22.000 Unternehmen, die nach Angaben des Verbands der Vereine Creditreform allein im vergangenen Jahr in die Insolvenz gingen, erscheint die Zahl der ESUG-Verfahren mit gerade einmal 250 verschwindend gering. „Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass ein Verfahren in Eigenverwaltung nur für Unternehmen sinnvoll ist, die mindestens 20 Mitarbeiter haben und einen Umsatz von mindestens zwei Mio. Euro erzielen“, sagt Robert Buchalik, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Buchalik Brömmekamp und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes ESUG und Sanierung e.V (siehe auch das Streitgespräch auf den Seiten XX).

Der Grund: Der Aufwand für ein Verfahren in Eigenverwaltung summiert sich mit den Ausgaben für Beratung, den Sachwalter und die Gerichtskosten schnell auf bis zu 150.000 Euro. „Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt zwar für drei Monate die Personalkosten“, erklärt Buchalik. Bei 20 Mitarbeitern könnten das etwa 180.000 Euro sein. In einem Unternehmen mit beispielsweise fünf Angestellten decke die Zahlung der Arbeitsagentur von überschlagen 45.000 Euro die Kosten für das ESUG-Verfahren jedoch bei Weitem nicht.

„Wenn man die notwendige Größenordnung einbezieht, so eigneten sich meiner Ansicht nach höchstens 600 Unternehmen, die 2016 Insolvenz angemeldet haben, für ein Insolvenzverfahren nach ESUG“, sagt Buchalik. Die Anzahl von 250 sei also kein schlechtes Ergebnis. Laut BCG-Studie hat ein Modellunternehmen in Eigenverwaltung 42 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von 4,4 Mio. Euro. Die Studie kommt auch zu dem Resultat, dass bei den 50 größten Unternehmensinsolvenzen des vergangenen Jahres mehr als jedes zweite Verfahren eine vorläufige Eigenverwaltung war.

 

Lesen Sie hier den Zweiten Teil der Titelgeschichte zum ESUG.

 

 

 

Autorenprofil

Andrea Martens ist Finanzjournalistin und schreibt hin und wieder Artikel für die Unternehmeredition.

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