Neues Spiel Restrukturierung

Die Restrukturierung von Unternehmen wird für Banken künftig teurer. Vor allem angeschlagene Firmen mit schlechter Bonität sollten sich nach Alternativen umsehen. 

Der Spielraum der Finanzierung für Going Concern wird enger. EZB-bedingte Liquiditätsschwämme und Vertriebsdruck der Banken erwecken aktuell fast den Eindruck, als sei Geld ein freies Gut. Häufig hat es sogar den Anschein, Banken finanzieren „auf Teufel komm’ raus“, selbst wenn sich Krisensymptome schon abzeichnen. Eine – meist temporäre – Anpassung der Vertragsbedingungen, um die Finanzierung zu sichern, ist jedoch eine Sackgasse. Die leistungswirtschaftliche, strategische Situation des Unternehmens ändert sich dadurch nicht. In Zukunft wird das Erwachen aus derartigen Situationen weitaus ungemütlicher, als es bereits heute ist. Ein Going Concern oder der Zuschuss von Fresh Money in Krisensituationen wird aufgrund neuer Spielregeln in der Restrukturierung für Banken immer schwerer. Die Grenzen zwischen Eigen- und Fremdkapital verschwimmen, und die Bewältigung strategischer und leistungswirtschaftlicher Krisen wird künftig durch diejenigen in die Hand genommen, die die Passivseite in der Restrukturierung stemmen.

Neue Restriktionen verändern das Spielfeld der Restrukturierung

Mit Basel 4, IFRS 9 sowie weiteren Restriktionen der EZB wird es für Banken immer schwerer bzw. teurer, Unternehmen in der Krise, jenseits von Investment Grade, konstruktiv zu begleiten. Ihr Dilemma: Einerseits ist Corporate Banking eines der letzten Kerngeschäfte mit Ertragspotenzialen für jede Bank. Entsprechend sollten Kunden mit Perspektive auch gehalten und nicht in einer temporären Schwächephase verloren werden. Andererseits muss mit zunehmender Eigenkapitalhinterlegung das Engagement nach Zeitwert in die Bilanz und bei Bonitätsverschlechterung in ein abgestuftes Risiko-Monitoring.

Es wird also aufwendig und teuer, einem Unternehmen schlechter Bonität einen Kredit zu geben – selbst wenn die Zinsen deutlich über dem normalen Marktniveau liegen. Hinzu kommt: Meist existiert ein Zeitlimit. War es bisher möglich, lieb gewonnene Fälle mehrere Jahre lang intensiver zu betreuen, gilt zunehmend ein schnelles „up or out“: zurück in den Markt oder raus aus der Bilanz.

Die qualitative Forderung, nach der ein Unternehmen zum Ende der Restrukturierung refinanzierungsfähig sein muss (d.h. Verschuldungsgrad < 3,5, besser 3,0), scheint dazu nicht zu passen. Denn um diese Voraussetzung zu erfüllen, wird – wenn nicht die Bilanz restrukturiert wird – schlichtweg Zeit benötigt. Der klassische Weg – ein konservativer Restrukturierungsplan als Basis für ein Going Concern, Ausgewogenheit der Stakeholder-Beiträge und dann Umsetzung nach Plan – wird wohl nur noch selten begehbar. Die Konsequenz dieser Entwicklung? Tief greifende langwierige Transformationen und Restrukturierungen werden wohl nicht mehr begleitet werden – auch wenn sie Erfolg versprechend sind.

1
2
Vorheriger ArtikelErneuter Umweltpreis für Vaude
Nächster Artikel„Wir analysieren den Markt“