Mittelständler entdecken Genussrechte

In Zeiten der Nullzinsen reiben sich investitionsfreudige Unternehmer die Hände, und Anleger beißen ins Gras. Um ihre Finanzierung ausgeglichen zu gestalten, setzen einige Mittelständler jedoch trotz der billigen Verführung auf teures Mezzanine-Kapital: Genussrechte. 

Der Zinseszins, den Sybille Kuntz ihren Investoren zahlt, entwickelt sich im eigenen Keller der Anleger, ortsunabhängig. Die Dividenden die sie auszahlt, lagern in ganz Deutschland, den Beneluxländern und auch in Irland. Andere Investoren haben die Zinszahlung ihrer Anlage bereits an ihre Kinder und Enkel weitervererbt. Sybille Kuntz ist Weinbäuerin an der Mosel und mittlerweile so etwas wie ein Star der Szene um Genussrechte. Als sie 1994 kurz vor Weihnachten als Erste auf die Idee kam, die Ausweitung ihres Anbaugebietes durch die Ausgabe von Genussscheinen zu finanzieren und Zinsen in Form einer Naturaldividende aus feinstem Riesling auszuzahlen, konnte sie sich vor dem Ansturm an Interessenten kaum retten. „Die Faxgeräte standen gar nicht mehr still, und das Telefon klingelte unentwegt“,

Gilt als Star der Genussrechtsszene: Winzerin Sybille Kuntz (© privat)
Gilt als Star der Genussrechtsszene: Winzerin Sybille Kuntz. (© privat)

erzählt die 58-Jährige. Mit ihrem Mann, der mit ihr das Weingut betreibt, hatte sie Infomappen vorbereitet, die sie an Interessenten schicken wollte, um diese zu überzeugen. „Aber die wollten das gar nicht. Die sagten nur, ich finde die Idee super, wie kann ich meine Summe zeichnen?“

Alter Hut im Rampenlicht

Genussrechtskapital ist eine Mezzanine-Finanzierungsform, die Besonderheiten bei der Bilanzierung mit sich bringt. Sybille Kuntz bietet die Scheine für ihre Genussrechte ab 2.500 Euro zu einen Zins von sechs Prozent an. Für einen Anlage von 5.000 Euro erhalten Investoren 6,5 Prozent und für 10.000 Euro ganze sieben Prozent. Zum Ende des Jahres können sie sich anhand der Preislisten ein individuelles Paket aus dem aktuellen Sortiment zusammenstellen.

Zwischen 50.000 und 60.000 Flaschen werden jährlich mit dem Etikett Sybille Kuntz ausgestattet. Die Weine gehen nach New York, Kitzbühel – in die ganze Welt. Auch die Genussscheinausgabe ist zum Alltag geworden. So gibt es immer wieder Leute, die neu einsteigen, und andere, die sich nach Ablauf der Frist – fünf Jahre – ausbezahlen lassen. Parallel dazu hat sich ein fester Stamm gebildet, der zum Teil seit 1994 besteht. „Diese Investoren sprechen mittlerweile von ihrem Weingut. Die wollen miterleben, wie es wächst und gedeiht.“ Mit einigen der Anleger haben sich mittlerweile sogar Freundschaften entwickelt.

Auch Anfragen von interessierten Unternehmern, die ihr Modell der Genussrechte nachahmen wollen, erreichen Sybille Kuntz noch immer. Für sie und interessierte Investoren hat sie auf der Homepage eine ausführliche Darstellung ihres Systems angelegt. „Da steht alles, was man wissen muss, das Modell ist ja mittlerweile auch nichts Neues mehr.“

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