Innovativ in vielerlei Hinsicht

Blicken wir auf die dynamische Entwicklung des unternehmerischen Umfeldes der vergangenen Jahre in Berlin, sind Start-ups nicht mehr weg zu denken. Besonders Firmen aus den Bereichen Internet, Musik, Gaming, Software und Medizintechnologie haben sich inzwischen sehr erfolgreich am Markt etabliert und bestimmen ihn mit. Immer früher sind diese für etablierte Player von Interesse und machen einen wesentlichen Teil ihrer M&A-Strategie aus. Was macht diese Unternehmen so erfolgreich, dass für sie beachtliche Kaufpreise gezahlt werden und Kapital in mehrstelliger Millionenhöhe zufließt? Welche Erfolgsfaktoren können sie besonders optimal gestalten und wie kann der Mittelstand hieraus lernen?

Strategie & Märkte sind global

Die Globalisierung, welche heute für jedes Unternehmen an strategischer Bedeutung gewonnen hat, macht auch vor den Start-ups nicht Halt. Es haben sich insbesondere jene Firmen erfolgreich bewiesen, in denen eine Internationalisierungsstrategie Teil des Geschäftsmodells ist und schnell umgesetzt werden kann. Die Start-ups sind oft von Anfang an global aktiv ausgerichtet. Spiele – so genannte Games – werden heute gleichzeitig in über 30 Sprachen entwickelt und an die jeweiligen nationalen Bedürfnisse angepasst. Software muss für global agierende Kunden mit jeder denkbaren Systemlandschaft kompatibel sein. Internet-Firmen und Businesspläne werden nur dann unterstützt und finanziert, wenn sie international skalierbar sind.

Netzwerke und Partnerschaften sind Teil der Strategie

Junge Unternehmen suchen schon früh strategische Partner und Netzwerke. Ob bei der Besetzung globaler Märkte oder der Erweiterung des Leistungsangebotes, es gibt Partner, die strategisch passen und bei der unternehmerischen Entwicklung unterstützen. Entscheidend für junge Firmen ist die Geschwindigkeit – Time To Market -, mit der ihr Umsatzpotential möglichst schnell gesichert wird. Dabei sind Kapitalverflechtungen oder der Zusammenschluss mit einem Wettbewerber kein Tabu, wenn künftige Synergien, Innovationen und Wachstum nur gemeinsam zeitnah zu erreichen sind.

Dynamische Produktentwicklung und Innovation in neuen Märkten

Oftmals definieren Start-ups ganz neue Märkte. Start-ups bedienen zeitgemäße Nischen und wecken Kundenbedürfnisse innovativ. Unerlässlich ist dabei natürlich, die Nachfrage richtig zu kalkulieren und systematisch voranzutreiben. Der Wettbewerb in der Anfangsphase ist ständig präsent. Dies erfordert flexibles, schnelles Handeln und kreatives Denken: Eine ständige Überprüfung und Anpassung des Angebots und eine permanente Interaktion mit den potenziellen Kunden.

Stringente Prozesse & Controlling mittels Kunden- und KPI-Analyse

Ein Startup arbeitet mit flachen Hierarchien und schnellen Entscheidungsprozessen. Mit zunehmender Größe profitieren sie von organisatorischen Strukturen und Abläufen, die der notwendigen Innovationskultur Freiraum geben und Effizienz und Schnelligkeit gewährleisten. Die erfolgreichsten Start-ups in Berlin zeichnen sich fast durchgängig durch eine sehr tiefgehende und regelmäßige Analyse ihrer Kundenbedürfnisse und Zielkennziffern (KPIs) aus. Unterstützt durch die Natur ihres Geschäfts haben sie oft Zugang zu tages- und stundenaktuellen Daten über das Kundenverhalten, die sie konsequent nutzen, um das Angebot und ihre Prozesse zu optimieren.

Personal und Kultur sind innovativ und international

Die Hauptstadt gilt als internationales Schmelztiegel für junge, kreative Menschen mit hervorragender Expertise. Berlin bietet daher den attraktivsten Standort für Start-ups in Deutschland. Mitarbeiter der Start-up-Firmen sind oftmals jünger als 30 Jahre. Man ist mit neuen Hardware-Tools, Software, Cloud-Lösungen etc. vertraut. Ein Mitarbeiter aus Moskau hat die gleichen Karrierechancen wie jemand aus Baden-Württemberg oder Hessen. In vielen Unternehmen ist Englisch die Firmensprache. Unterstützung bei bürokratischen Anmeldungen oder der Wohnungssuche bis hin zur sozialen Eingliederung außerhalb des beruflichen Umfeldes sind wichtige Erfolgsfaktoren und Teil der unternehmerischen Verantwortung bei der Gewinnung der besten Köpfe.

Finanzierung mit externen Partnern

Start-ups werden überwiegend mit Hilfe von externen Finanzierungspartnern finanziert. Zwar betrugen die Venture Capital-Investitionen in 2011 nur 690 Mio. EUR oder 0,027 % des BIP 2011, besonders konnte aber der Standort Berlin davon profitieren. Die Start-up Firmen sind es über Jahre hinweg gewöhnt, von Anfang an mit externen Kapitalgebern zu kommunizieren und zu verhandeln. Die Abgabe von Unternehmensanteilen als Teil der unternehmerischen Entwicklung ist ein permanenter Prozess, um Wachstum zu sichern und etwas „Größeres“ zu erreichen, das alleine nicht zu verwirklichen ist. Die Start-ups akzeptieren pragmatisch, dass es Sinn machen kann, etwas vom Kuchen abzugeben, wenn man diesen schnell groß machen möchte. Ein nicht unbedeutender Nebeneffekt ist, dass durch die i.d.R. erforderliche Bereitstellung von Unternehmensinformationen für Finanzierungspartner der Aufbau eines guten Controlling- und Managementinformationssystemen notwendig wird, wodurch die Qualität der Unternehmensführung steigt.

Wie kann der Mittelstand seine Erfolgsfaktoren optimal gestalten?

Start-ups sind auch für den Mittelstand interessant geworden, als Lieferanten, als Entwicklungspartner, als Vermarktungspartner oder auch als Beispiele erfolgreichen unternehmerischen Handelns. Die Nähe und Berührungspunkte zu den Start-ups werden weiter wachsen. Insbesondere ihre intensive und dynamische Netzwerk- und Partnerschaftsstrategie kann für den Mittelstand als lohnenswert überdacht werden. Der Kampf um die besten Talente aus dem In- und Ausland und die weitere Internationalisierung der Belegschaft macht vor dem Mittelstand nicht Halt und erfordert organisatorische und kulturelle Anpassungen. Die Entwicklung neuer innovativer Märkte, die intensive Analyse der Kunden und deren Bedürfnisse sowie die Verankerung von Innovation und Veränderung in der Unternehmensstrategie und -kultur bleibt eine permanente Aufgabe. Die Aufnahme von Wachstumskapital durch Dritte und somit Öffnung des Gesellschafterkreises wird durch Mittelständler oftmals als schmerzvoll empfunden, kann aber eben auch ein Schlüssel zum Erfolg sein, wenn dadurch die unternehmerische Entwicklung auf eine höhere Ebene gehoben werden kann. Und nicht zuletzt rücken die Start-ups als geeignete Übernahmeziele auch für den Mittelstand weiter in den Fokus, was bis vor wenigen Jahren so noch nicht jeder vorhergesehen hat.

Fazit
Erfolgreiche Start-ups haben eine Wachstumskurve, welche die heutigen Mittelständler so nicht aufweisen können. Der Erfolg der Start-up-Firmen in Berlin und in anderen Regionen kommt nicht von ungefähr. Deshalb müssen sie in kurzer Zeit sehr viel richtig gemacht haben. Innovation, Time-To-Market, Internationalität, konsequenter Kundenfokus, Wachstumsfinanzierung und die Bereitschaft, strategische Partnerschaften frühzeitig einzugehen, sind zentrale Erfolgsfaktoren, die auch für viele mittelständische Unternehmen höchst relevant sein können.


Zur Person: Lars Härle
Lars Härle ist Managing Director der IEG – Investment Banking Gruppe in Berlin. Er berät als Leiter des Technologie-Desk der IEG bundesweit Firmen im deutschen Mittelstand. IEG ist ein führendes, unabhängiges Investment-Banking-Haus mit Fokus auf mittelgroße Transaktionen in den Bereichen M&A, Finanzierungen sowie Finanzstrategie. IEG verfügt über eine lokalel Präsenz in 12 Ländern und eine besondere Expertise in Cross Border-Transaktionen, besonders in Wachstumsregionen. www.ieg-banking.de.

Autorenprofil

Lars Härle ist Managing Director der IEG – Investment Banking Gruppe in Berlin. Er berät als Leiter des Technologie-Desk der IEG bundesweit Firmen im deutschen Mittelstand. IEG ist ein führendes, unabhängiges Investment-Banking-Haus mit Fokus auf mittelgroße Transaktionen in den Bereichen M&A, Finanzierungen sowie Finanzstrategie. IEG verfügt über eine lokalel Präsenz in 12 Ländern und eine besondere Expertise in Cross Border-Transaktionen, besonders in Wachstumsregionen.

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