In fremden Händen

Eine Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie gelingen immer seltener. Findet sich kein geeigneter Nachfolger, müssen Inhaber familiengeführter Unternehmen auf die Suche nach einem Käufer gehen. Ein Verkauf ist nicht die schlechteste Variante – sofern er rechtzeitig und sachlich geplant wird.

An Möglichkeiten, das eigene Unternehmen für die Nachwelt zu erhalten, auch wenn es den Kreis der Familie verlassen muss, mangelt es nicht. Und ein Verkauf muss auch nicht die schlechteste Lösung sein. „Immerhin hat ein motivierter Fremdnachfolger oft einen frischen, unverstellten Blick auf das Unternehmen“, erklärt Nacke. Er kann es neu aufstellen, verkrustete Strukturen aufbrechen, Arbeitsplätze sichern, der Firma mit neuen Ideen zu neuem Erfolg verhelfen. Ist ein Finanzinvestor an Bord, eröffnen sich eventuell auch zusätzliche finanzielle Spielräume.

Mit heißem Herzen und kühlem Kopf

Graphik_Optionen„Die Frage, ob die Übergabe an einen externen Nachfolger gelingt, ob alle Beteiligten im Nachhinein zufrieden sein können, hängt aber ganz stark von der Einstellung des Altinhabers ab“, mahnt Nacke. Ungünstig sei es, wenn Unternehmer – und das geschehe oft – sich viel zu spät darüber bewusst würden, dass sie sich auf die Suche nach einem externen Nachfolger begeben müssen. „Auch überzogene Vorstellungen vom Kaufpreis sind häufig ein Knackpunkt, an dem Übergaben scheitern“, sagt Nacke. Während der Altinhaber seinen jahrzehntelangen Einsatz in eine Art „Herzblut-Rendite“ einpreist, geht es dem potenziellen Käufer schlicht und sachlich um künftig erzielbare Erträge. „Verkaufsverhandlungen werden von Firmeninhabern oft mit ‚heißem Herzen‘ geführt“, sagt Nacke. Es sei jedoch wichtig, dabei gleichzeitig einen „kühlen Kopf“ zu bewahren.

Jörg Lammer (Name geändert) hat ihn bewahrt. Der Ex-Unternehmer möchte seinen echten Namen lieber nicht in der Presse lesen, denn obwohl er es nicht bereut, seine Firma 2013 verkauft zu haben, plagt ihn in gewisser Hinsicht doch ein schlechtes Gewissen. „Natürlich begegne ich immer wieder mal ehemaligen Mitarbeitern, die mich schräg angucken“, sagt er. Ein über 60 Jahre lang inhabergeführtes Unternehmen an einen Konkurrenten abzugeben, kann nun einmal dafür sorgen, dass die Reputation leidet. Gerade, wenn der Altinhaber am Ort des Firmensitzes wohnen bleibt. Auch das ist ein Grund, der Firmenlenker vor einem Verkauf außerhalb der Familie zuweilen zurückschrecken lässt.

Alles schon mal gemacht

„Ich habe die Firma meines Vaters übernommen, als ich gerade 19 Jahre alt war“, sagt Lammer. Das war im Jahr 1985. In fast drei Jahrzehnten baute der Firmenchef sein Geschäft immer weiter aus, sorgte dafür, dass der Groß- und Einzelhandel für Mineralöl in der Nähe von Düsseldorf florierte. „Mit der Zeit hatte ich aber immer mehr das Gefühl, dass es für mich keine neuen Herausforderungen mehr gab, dass ich alles schon gemacht hatte“, erinnert sich Lammer. Zudem wollte er sein Leben endlich mal richtig genießen und nicht noch weitere 20 Jahre an der Spitze eines Unternehmens stehen. Einen geeigneten Nachfolger in der Familie hatte der Firmenchef nicht, einen Geschäftsführer wollte er nicht einstellen.

„Deshalb habe ich mich schließlich dazu entschlossen, den Betrieb zu verkaufen“, erzählt Lammer. Am 31. Dezember 2013 wechselte das Unternehmen, das 13 Mitarbeiter zählte und einen Umsatz von etwa zwei Mio. Euro schrieb, seinen Besitzer. „Bei der Suche hat mich ein Beratungs- und Vermittlungsunternehmen für Unternehmensnachfolgen im Mittelstand unterstützt“, sagt Lammer. Mit Erfolg, denn recht bald war der Käufer gefunden. „Die Kaufpreisverhandlungen waren schwierig“, erinnert sich der ehemalige Firmenchef. Doch schließlich einigten sich die Parteien. „Ich hatte mir im Voraus über verschiedene Verfahren ausrechnen lassen, welchen Preis ich nehmen könnte“, berichtet Lammer. So schlitterte er nicht mit überzogenen „Herzblut-Vorstellungen“ in die Verhandlungen, sondern konnte sachlich argumentieren.

„Es ist extrem wichtig, dass potenzielle Firmenverkäufer sich vor einer Veräußerung eine realistische Vorstellung von einem zu erzielenden Preis machen“, sagt Expertin Beatrice Rodenstock. Denn: Selbst wenn alle anderen Faktoren stimmen, scheitern Übergaben von inhabergeführten Unternehmen immer wieder an der Summe, die externe Nachfolger zu zahlen bereit sind. Um mit einer vernünftigen Preisvorstellung in die Verhandlungen zu gehen, sollten Unternehmer zuvor möglichst einen Berater einschalten, denn die Ermittlung des Firmenwertes ist keine einfache Sache.

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