Ein Königsweg

Familienunternehmen und Börse – auf den ersten Blick passt das nicht zusammen. Erstere stehen für Werte wie Nachhaltigkeit, Langfristigkeit, Unabhängigkeit, persönliche Haftung und eine auf patriarchalischem Selbstverständnis aufbauende Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern. Im Gegensatz dazu werden börsennotierte Aktiengesellschaften gerne mit Quartalsdenken, kurzfristiger Gewinnmaximierung und ausufernden Managergehältern assoziiert. Wie so oft liegt die Wahrheit in der Mitte.

So hängen Gedeih und Verderb von Familienunternehmen oftmals von einer Person ab. Oder es gibt Dissonanzen innerhalb einer Familie. Außerdem fehlt manchmal ein Blick von außen, wie dies Aufsichtsrat und/oder Hauptversammlungen gewährleisten. Nicht zuletzt fällt gerade die Suche nach qualifiziertem Führungsnachwuchs wegen fehlender Visibilität und Aufstiegsmöglichkeiten schwer. 

Höhere Rendite von börsennotierten Gesellschaften 

Was aber, wenn die Vorteile beider Unternehmensformen – oder besser: -kulturen – zusammengefasst und die Nachteile weitestgehend vermieden werden könnten? Tatsächlich hat eine ganze Reihe höchst erfolgreicher Aktiengesellschaften diesen „Königsweg“ eingeschlagen. Denn bei ihnen fungiert eine Familie als „Ankeraktionär“. Sie behaupten sich bei der Börsenperformance überwiegend besser als Vergleichsindizes beziehungsweise als „reine“ Börsen-AGs. Noch gravierender aber ist der Unterschied bei der Rendite zu den „echten“ Familienunternehmen. So rechnete das Handelsblatt 2012 vor, dass die 50 größten nichtbörsennotierten Unternehmen in Europa im Geschäftsjahr 2011 ihren Umsatz um fast 15% steigern konnten – aber die Gewinne um 2,7% sanken. Das ergab eine durchschnittliche Nettoumsatzrendite von mageren 2,6% – bei den größten börsennotierten Unternehmen lag diese bei 7%. Auch beim Renditevergleich der Jahre zwischen 2007 und 2011 – also einschließlich der Finanzkrise – lagen die börsennotierten Gesellschaften immer vor den Familienunternehmen. Nun mag man argumentieren, dass Familienunternehmen nach anderen Werten als reinem Gewinn streben. Aber immerhin müssen auch sie ihre Investitionen in Innovation, Expansion und Personal aus dem erwirtschafteten Unternehmenserfolg leisten.

Langfristige Wertorientierung in Kombination mit dem Kapitalmarkt

Börsennotierte Familienunternehmen vereinen langfristige Wertorientierung mit der vom Kapitalmarkt – und der Gesellschaft – geforderten Transparenz. Aufgrund ihrer Ankerinvestoren aus der Familie sind sie gewappnet gegen feindliche Übernahmen. Gerade Privatanleger schätzen das langfristige Denken und den oftmals auch noch persönlichen Einsatz der Familie, denn sie sind ebenfalls an einem langfristigen Erfolg interessiert. Unternehmen, die der Definition einer familiendominierten und/oder -geführten Aktiengesellschaft entsprechen, gibt es in Deutschland eine ganze Reihe. Nicht immer tragen sie den Namen der Familie. So stehen hinter BMW die Familien Quandt und Klatten, hinter Fresenius die Familie Kröner, bei Krones ist es die Familie Kronseder oder bei Rational die Familie Meister. Wacker Chemie, Fuchs Petrolub oder die Baader Bank tragen den Namen der Gründerfamilie.

Hauck-Aufhäuser Family Index (HaFix) besser als der DAX

Wer sich einen Überblick über die Entwicklung börsennotierter AGs verschaffen möchte, sei auf den von Hauck-Aufhäuser Privatbankiers entwickelten, der Baader Bank berechneten und der Börse München veröffentlichten Hauck-Aufhäuser Family Index (HaFix) verwiesen. Hierbei müssen ein oder mehrere private Großaktionäre mindestens 25% der Stimmrechte halten – aber nicht zwangsläufig operativ tätig sein. Als weiteres Aufnahmekriterium dienen die Marktkapitalisierung und die Liquidität der Aktien der Unternehmen. Es handelt sich dabei also um die großen, börsennotierten Familienunternehmen Deutschlands und Europas. Der HaFix Deutschland versammelt seit November 2007 insgesamt zwanzig Unternehmen wie BMW, Continental, SAP, Hochtief, Henkel, Gerry Weber, Puma oder SGL Carbon und Wacker Chemie sowie Sky Deutschland und Axel Springer. In der von Hauck & Aufhäuser betriebenen Rückrechnung bis 1992 entwickelte sich der HaFixD überwiegend besser als der DAX – in den Jahren 1992 bis 2007 mit einer durchschnittlichen Performance von 25,1%! 2012 lief er meist etwa parallel zum DAX, seit Februar 2013 sogar wieder besser (vgl. Abb. 1).

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