Das „Bauchgefühl“ allein reicht nicht  

Dass es um das wirtschaftliche Wissen der Deutschen insgesamt schlecht bestellt sein könnte, legen zahlreiche Studien nahe.  Aber auch viele Unternehmen kennen oder verstehen ihre Zahlen nicht. Ein eventuell existenzgefährdender Zustand.  

Das Max-Planck-Institut watschte die deutsche  Bevölkerung mit dem Urteil ab, es gebe flächendeckend schwerwiegende Wissenslücken zu ökonomischen Fakten und Zusammenhängen. Nun sollte man meinen, dass betriebswirtschaftliches Know-how zumindest in einem Bereich hoch gehalten wird: In den Unternehmen. In der Praxis allerdings ist es damit oft nicht sehr weit her.

Wenn Lieferanten nicht maulen 

Wenn Sanierer in Unternehmen kommen, sieht es oft so aus, als ob gestandene Unternehmer ihre Zahlen schlicht nicht kennen oder verstehen. Die Analyse von Debitoren und Kreditoren sowie der entsprechenden Laufzeiten scheint vielen Firmenlenkern zu kompliziert, mühsam oder einfach nicht notwendig. Wenn am Ende des Jahres noch Geld auf dem Konto ist, kein Lieferant zu laut über offene Rechnungen mault und die Kreditlinie der Bank noch nicht ausgeschöpft ist, dann passt alles. Diese Einschätzung trägt einigermaßen, solange das konjunkturelle Umfeld mitspielt und Banken mit billigem Geld parat stehen. Entfallen diese Faktoren, droht Ungemach.

Es überrascht nicht, dass eine Studie der Universität Mannheim bereits vor einigen Jahren fehlendes Controlling als wichtigste Insolvenzursache bei deutschen Unternehmen nennt. Grundlage dafür ist die Auswertung von strukturierten Interviews mit 125 Insolvenzverwaltern, die zusammen rund 19.000 Insolvenzen abgewickelt hatten. 79 Prozent dieser Experten nannten fehlendes Controlling als häufige Insolvenzursache, auf dem zweiten Rang „Finanzierungslücken“ gefolgt von „unzureichendem Debitorenmanagement“.

Nachholbedarf im Mittelstand

Bei einer Untersuchung der Universität Bamberg zwei Jahre später gab denn auch fast die Hälfte aller befragten Manager zu, Unternehmensentscheidungen sowohl auf Kennzahlenbasis als auch „aus dem Bauch heraus“ zu treffen. Bei einigen Firmenlenkern war der Unternehmerbauch sogar das ganz überwiegende Kriterium. Eine weitere Untersuchung der Universität Bamberg kommt wenig später zu dem Ergebnis, dass bei mittelständischen Unternehmen „noch erheblicher Nachholbedarf im Bereich betriebswirtschaftlich fundierter Konzepte, Methoden und Instrumente besteht“. Dies bestätigt den Eindruck von uns Praktikern.

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